Inklusion im Hotel, Teil 3: Mitarbeitende in der Inklusion finden
Christopher Appel
Vielfalt beginnt beim Personal
In der heutigen Zeit ist der Fachkräftemangel in der Hotellerie ein präsentes und drängendes Thema.
Viele Betriebe suchen händeringend nach qualifiziertem Personal, während gleichzeitig große Potenziale ungenutzt bleiben – insbesondere Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder anderen Einschränkungen, die oft vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
Dabei stellt gerade diese Zielgruppe eine wichtige Ressource dar: motiviert, leistungsfähig und mit vielfältigen Fähigkeiten ausgestattet, die Hotelleriebetriebe bereichern können.
Inklusives Recruiting bedeutet nicht nur, sich dieser Gruppe zu öffnen, sondern von Anfang an gezielt Strukturen und Prozesse zu schaffen, die echte Teilhabe ermöglichen.
Ein Hotel, das Vielfalt im Team lebt, schafft nicht nur ein tolerantes Betriebsklima, sondern hebt sich auch positiv im Wettbewerb um Fachkräfte ab.
Darüber hinaus ist die Repräsentation von Diversität in der Belegschaft ein starkes Signal an die Gäste – besonders in einer Branche, in der Kundenkontakt, Empathie und Authentizität zentrale Erfolgsfaktoren darstellen.
Ein inklusives Recruiting beginnt nicht erst beim Vorstellungsgespräch. Es setzt früher an – bei der Art und Weise, wie eine Stelle ausgeschrieben wird, wie Bewerbungsverfahren gestaltet sind und welche internen wie externen Partner beteiligt werden.
Frühzeitige Integration von Barrierefreiheit in Stellenausschreibungen inklusiv und ansprechend formulieren
in zentraler Hebel für mehr Inklusion im Recruitingprozess liegt in der Gestaltung der Stellenausschreibungen.
Allzu oft sind diese nach wie vor mit starren Anforderungen formuliert, die bestimmte Gruppen automatisch ausschließen.
Ein häufiges Beispiel: Anforderungen wie „belastbar“, „körperlich fit“ oder „schnelles Arbeitstempo“ werden ohne konkrete Erläuterung verwendet – sie erzeugen Barrieren und schrecken potenziell geeignete Bewerber:innen ab.
Wer inklusiv denken und handeln will, sollte seine Stellenanzeigen kritisch hinterfragen: Welche Qualifikationen sind wirklich essenziell für die Position, und wo könnte es Spielraum für individuelle Lösungen geben?
Hilfreich ist dabei die Formulierung in einfacher und verständlicher Sprache. Auch die direkte Ansprache von Menschen mit Behinderungen ist ein wichtiges Signal. Ein Hinweis wie „Wir freuen uns besonders über Bewerbungen von Menschen mit Behinderung“ kann die Hemmschwelle senken.
Darüber hinaus helfen gut erkennbare Symbole (z. B. Piktogramme für Rollstuhlgerechtigkeit, Induktionsanlagen, Aufzüge etc.), um die Barrierefreiheit im Betrieb zu visualisieren.
Nicht zuletzt sollten auch geschlechtsneutrale Formulierungen (z. B. „Mitarbeitende“ statt „Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen“) verwendet werden, um allen Menschen die gleiche Wertschätzung entgegenzubringen.
Barrierefreier Bewerbungsprozess – analog und digital
Die Formulierung der Stellenanzeige ist nur der Anfang – entscheidend ist auch die Gestaltung des gesamten Bewerbungsprozesses.
Ein inklusiver Bewerbungsprozess stellt sicher, dass niemand aufgrund technischer, sprachlicher oder organisatorischer Barrieren ausgeschlossen wird.
Im digitalen Raum bedeutet das unter anderem: Bewerbungsplattformen und Karriereseiten müssen barrierefrei gestaltet sein. Dazu zählen eine kontrastreiche Darstellung, die Lesbarkeit durch Screenreader, klar strukturierte Inhalte sowie die Vermeidung unnötiger technischer Hürden.
Ein Video-Upload ohne Alternativen? Pflichtfelder ohne Beschreibung? All das kann zur unüberwindbaren Hürde werden.
Auch analoge Bewerbungen sollten möglich bleiben – z. B. postalisch, telefonisch oder persönlich. Besonders wichtig: Das Bewerbungsgespräch muss in einer barrierefreien Umgebung stattfinden.
Das betrifft sowohl bauliche Aspekte (Stufenfreiheit, Aufzüge, barrierefreie Sanitäranlagen) als auch kommunikative Aspekte (z. B. Gebärdendolmetscher, einfache Sprache, schriftliche Unterlagen zum Nachlesen).
Ein wertschätzender Umgang beginnt mit Offenheit: Kandidat:innen sollten ermutigt werden, bereits bei der Bewerbung auf individuelle Bedarfe hinzuweisen – etwa ob Assistenz erforderlich ist, oder eine bestimmte Gesprächsform bevorzugt wird.
Zielgruppengerechte Ansprache: Menschen mit und ohne Behinderung
Ein inklusiver Betrieb richtet sich nicht ausschließlich an Menschen mit Behinderung – im Gegenteil: Er lebt von der Vielfalt.
Daher ist es essenziell, dass sich Stellenausschreibungen und der gesamte Recruitingprozess an zwei Zielgruppen gleichzeitig wenden:
Menschen mit Behinderung ebenso wie Menschen ohne Behinderung.
Stellenausschreibungen sollten transparent darüber informieren, dass es sich um einen Inklusionsbetrieb handelt. Das schafft Vertrauen und Orientierung – für alle Bewerber:innen.
Formulierungen wie „Wir sind ein Inklusionsbetrieb mit einem inklusiven Team aus Menschen mit und ohne Behinderung“ machen deutlich, dass Vielfalt gelebte Praxis ist.
Dabei geht es nicht um Sonderbehandlungen, sondern um gemeinsame Werte: Respekt, Zusammenarbeit auf Augenhöhe, Toleranz und Offenheit. Bewerber:innen ohne Einschränkungen sollten wissen, dass sie Teil eines vielfältigen Teams werden – und dass dies besondere Anforderungen, aber auch viele Vorteile mit sich bringt.
Ein transparenter Umgang mit diesen Aspekten hilft, Berührungsängste abzubauen und fördert die bewusste Entscheidung für ein inklusives Arbeitsumfeld. Viele Menschen ohne Behinderung schätzen es, in einem werteorientierten Betrieb zu arbeiten, der gesellschaftliche Verantwortung übernimmt.
Zudem profitieren auch sie von klaren Kommunikationsstrukturen, guter Teamorganisation und einem respektvollen Umgang, wie er in inklusiven Betrieben oft besonders gepflegt wird.
Es ist also sinnvoll, in Stellenausschreibungen auf diese Rahmenbedingungen hinzuweisen: etwa durch den Satz „Bei uns arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammen – wir fördern ein inklusives, unterstützendes Teamklima.“
So fühlen sich alle Bewerber:innen angesprochen – und Inklusion wird von Anfang an als gemeinsame Aufgabe verstanden.
Fazit
Inklusives Recruiting in der Hotellerie ist weit mehr als ein guter Vorsatz – es ist ein strategischer Vorteil in Zeiten des Fachkräftemangels. Wer gezielt Barrieren abbaut, Stellenanzeigen inklusiv formuliert und Bewerbungsprozesse barrierefrei gestaltet, öffnet sein Unternehmen für ein breiteres, vielfältigeres Talentpool. Das Ergebnis sind nicht nur engagierte und motivierte Mitarbeitende, sondern auch ein Betriebsklima, das von Respekt, Offenheit und gelebter Vielfalt geprägt ist. So wird Inklusion zur Win-win-Situation für alle.
Kontaktieren Sie uns gerne.
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